Umfrage zur Arbeitssituation in der freien Tanzszene

Mehr als 500 freischaffende Tänzer*innen, Choreograf*innen und Tanzlehrende aller Sparten haben an einer groß angelegten Studie teilgenommen, die von der gewerkschaftlichen Initiative vidaflex beauftragt und in Zusammenarbeit mit der Initiative Tanz und Bewegungskunst Österreich erstellt und durchgeführt wurde. Die wissenschaftliche Begleitung hat Alexander Reichman (RCC Reichmann Research Consulting) übernommen.

Mit dieser Umfrage wurden erstmals wesentliche Aspekte zur sozialen Lage sowie Einstellungen zu szenebedingten Fragen innerhalb der empirisch bisher kaum erfassten freien Tanzszene Österreichs erhoben.

Die Ergebnisse sind wenig überraschend und zeichnen kein schönes Bild: schlechte soziale Absicherung, Mischbeschäftigung, Unterbezahlung und Prekariat prägen nach wie vor den Arbeitsalltag von Österreichs Tanzschaffenden. Die Corona-Krise hat die schwierige Situation noch zusätzlich verschärft. 

Die durch die Studie gewonnenen Erkenntnisse über die überwiegend selbständig tätigen Tanzschaffenden sollen dafür genutzt werden, das Bewusstsein für diese Berufsgruppe in der Öffentlichkeit zu stärken, eine praxisorientierte Diskussion in Gang zu setzen und so langfristig transparentere Rahmenbedingungen für die Arbeit in der freien Tanzszene zu schaffen.

Zusammenfassung der Ergebnisse*:

Im Zeitraum Jänner bis März 2021 wurden 503 Tanzschaffende befragt, davon 81% Frauen. 73% der Befragten sind hauptberuflich im Tanzbereich tätig, 67% verfügen über einen universitären Abschluss.

Mischbeschäftigung, Mehrfachversicherung
Der Großteil (67%) der im Tanzbereich arbeitenden Menschen war innerhalb der letzten 5 Jahre selbständig tätig, 40% waren geringfügig, 28% in Teilzeit sowie 9% in Vollzeit angestellt. Eine pauschalierte Aufwandsentschädigung erhielten 27%. 
Die Arbeit in der freien Tanzszene ist geprägt von Mischbeschäftigung: Gleichzeitig mehrere verschiedene Arbeitsverhältnisse zu haben (53%) und für mehrere Auftraggeber gleichzeitig tätig zu sein (57%) ist in der freien Tanzszene gang und gäbe. 
57% der Teilnehmer*innen waren bereits nur tageweise angestellt. Daraus folgt ein hoher Anteil an Mehrfachversicherten (59%). 
Die derzeitige Arbeitsrealität - Selbständigkeit gepaart mit Kurzanstellung – entspricht jedoch keineswegs den Bedürfnissen der Tanzschaffenden: Satte 84% plädieren für die Wahlfreiheit zwischen einem selbständigen bzw. angestellten Arbeitsverhältnis, insbesondere wenn sie für mehrere Auftraggeber gleichzeitig tätig sind. 

Geringes Einkommen 
Die Einkommen in der freien Tanzszene bewegen sich vorwiegend im unteren Segment. 41% der hauptberuflich Tätigen verdienen laut Umfrage im Jahr bis zu € 10.999.- brutto, rund 22% liegen zwischen € 11.000.- und € 17.999.- jährlich. Höhere Einkünfte können lediglich 13% der Befragten verbuchen. Dementsprechend fühlt sich die überwiegende Mehrheit der hauptberuflichen Tanzschaffenden (71%) für ihre Arbeit keineswegs angemessen bezahlt. 

Unzureichende soziale Absicherung
Die Tanzschaffenden schätzen die Eigenständigkeit und künstlerische Freiheit der selbständigen Arbeit, sehnen sich aber nach den Sicherheiten des Angestellt-Seins. 
Sehr schlecht bewertet wird die soziale Absicherung von Selbständigen im Tanzbereich: 83% erachten diese als wenig bzw. gar nicht ausreichend, 92% wünschen sich eine bessere soziale Absicherung von Selbständigen in der freien Tanzszene. 
Folgende Maßnahmen zur Verbesserung der Situation werden von den Befragten als besonders wichtig eingestuft: Krankengeld ab den ersten Tag (80%), bedingungsloses Grundeinkommen für Künstler*innen (72%), Festsetzung von Mindesthonoraren (70%), eine bessere Unfallversicherung (59%), mehr Rechtssicherheit bei Verträgen (58%). 

Die freie Tanzszene und Corona 
Rund die Hälfte der hauptberuflich Tätigen (48%) hat den Härtefallfonds genutzt, rund jede/r Vierte die Überbrückungsfinanzierung der SVS (28%), jede/r Fünfte (21% bzw. 20%) den Umsatzersatz bzw. den Lockdown-Bonus für Künstler*innen. 25% der Befragten haben keine Corona-Hilfen erhalten. Als Gründe dafür werden vor allem Kurzanstellungen und Mischbeschäftigung genannt, auch Berufseinsteiger*innen konnten vermehrt keine Hilfen in Anspruch nehmen. 

Eine deutliche Mehrheit (69%) der Tanzschaffenden fühlt sich von der Regierung bei den Corona-Maßnahmen übergangen. 
Die Forderung von vidaflex und der Initiative Tanz und Bewegungskunst Österreich nach Einbeziehung in sämtliche den Tanz betreffenden Regierungsverhandlungen und nach einem runden Tisch zum Thema Tanz im BMKOES wird von 59% der Befragten als ausgezeichnet, von 29% als gut bewertet. 

*Aufsummierte Häufigkeiten von über 100% ergeben sich durch die Option auf Mehrfachantworten innerhalb der jeweiligen Fragen.

Umfrage im Detail auf vidaflex.at

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